Stückemarkt 3

Anastasiia Kosodii | Theater der Zeit

Im von Theater der Zeit kuratierten 1. Aalener Stückemarkt hören Sie neue Texte aus noch nicht uraufgeführten Stücken dreier Autorinnen. Im zweiten Stückemarkt steht Anastasiia Kosodii mit „Acht kurze Kompositionen über das Leben der Ukrainer*innen für ein westliches Publikum“ im Zentrum.

Faktenbasiert und doch fiktional bringt Kosodii dem Publikum in diesen Episoden nahe, welche inneren und äußeren Konflikte die Menschen in der Ukraine derzeit bewältigen müssen. Was es heißt, nur schwer bleiben, aber gar nicht gehen zu können. Wegen der Kühe, der Katzen und der Geschichte eines Landes, dessen Menschen sich schon vor Generationen mit fremder Herrschaft arrangieren mussten. Und wie ziviles Leben sich trotz allem immer wieder behauptet, wenn die Frauen umeinander fürchten, sich den Feind absurd und doch als Mensch vorstellen, wenn sie um filmische Dokumentation, Flugparaden und ihr Zeitempfinden ringen. „…nach der gewaltsamen Auflösung des Majdan in Saporischschja am 26. Januar 2014 konnte ich keine Musik hören, hatte diese Fähigkeit verloren“, schreibt sie und verfasst einen Text, der sich mal humorvoll, dann bitterernst vor allem durch seine Musikalität auszeichnet.


Aus dem Ukrainischen von Lydia Nagel

Anastasiia Kosodii ist Dramatikerin und Regisseurin. Sie lebt in Kyiv (Ukraine). Ihre Stücke wurden in Theatern in der Ukraine und in ganz Europa gelesen und aufgeführt. Als aktivistische Dramatikerin und Kulturmanagerin arbeitet sie regelmäßig mit Nichtregierungsorganisationen in der Ostukraine in Städten, die an der Frontlinie des Krieges zwischen der Ukraine und Russland liegen. Kosodii begann ihre Karriere als Mitbegründerin des Theaters „Zaporizhzhian New Drama“ (Zaporizka nova drama) in ihrer Heimatstadt Saporischschja. 2017 wurde sie Mitglied des Projekts „Krieg im Frieden“, organisiert durch das Gorki Theater (Berlin). Im Jahr 2021 arbeitete Kosodii an dem Projekt „Crimea 5am“, einem internationalen Projekt, das politischen Gefangenen gewidmet ist. Es soll die Aufmerksamkeit der ukrainischen und internationalen Gesellschaft auf die Menschenrechtsverletzungen auf der vorübergehend besetzten Halbinsel Krim lenken. In der Spielzeit 2022/2023 arbeitet Kosodii auch als Hausautorin am Nationaltheater Mannheim. Christian Holtzhauer, der Schauspielintendant des Nationaltheaters Mannheim, schätzt Kosodii als Vertreterin „einer jungen, explizit politischen und ungemein vitalen Generation“ ukrainischer Theatermacher*innen. „In ihren Stücken, die fiktionales Erzählen mit dokumentarischen Theaterformen verbinden, analysiert sie mal humorvoll, mal bitterernst und immer faktenbasiert die Konflikte, die ihr Heimatland seit vielen Jahren prägen“. In Aalen stellt sie ihr neues Stück „Acht kurze Kompositionen über das Leben der Ukrainer*innen für ein westliches Publikum“ vor.