Wer bin ich – und wenn ja, wie viele? Als Verwandlungskünstler macht Felix Krull die Lüge und den Betrug zum Lebensprinzip. Er verlässt sein bankrottes Elternhaus und drückt sich vor dem Militärdienst, um in Paris in die Welt der Grandhotels und Luxussuiten einzutauchen.
Er verführt Frauen und tauscht mit dem Marquis de Venosta die Identitäten. Durch Schmeichelei und Betrug schafft es Krull, sich vom vermeintlichen Makel seiner Herkunft zu befreien und in eine höhere soziale Schicht aufzusteigen. Und die Welt scheint nur darauf gewartet zu haben, von einem grandiosen Spieler wie ihm betrogen zu werden. Was bedeuten uns heute Identität und Authentizität? Wie geht Echtheit in einem System, das den Erfolg des Einzelnen von Äußerlichkeiten abhängig macht? Sind wir alle Spieler*innen und bauen unsere Ich-Kunstwerke nach den Regeln des Marktes aus? Und wie verführerisch ist die Lüge?
Gefördert von der Baden-Württemberg Stiftung
Thomas Mann (1875–1955) begann seine Auseinandersetzung mit den „Bekenntnissen des Hochstaplers Felix Krull“ bereits 1910. Das Buch erschien allerdings erst kurz vor seinem Tod 1954 und auch da noch unvollendet. In der Inszenierung von Tonio Kleinknecht steht der Reiz der permanenten Verwandlung im Mittelpunkt.