In Verona sind die Familien Capulet und Montague seit
Generationen verfeindet. Meist geht man sich aus dem Weg – und wo nicht, wird
die kleinste hitzige Geste zum Anlass für die Konfrontation. Da schleicht sich
Romeo, ein junger Montague, auf einen Maskenball der Capulets, um nach einer
unglücklichen Liebesaffäre auf andere Gedanken zu kommen. Und begegnet Julia
für einen kurzen Moment. Aber der genügt, um sich unsterblich ineinander zu
verlieben. Die beiden versuchen das Unmögliche: Sie heiraten heimlich am
nächsten Tag und wollen es Kraft ihrer Liebe mit der hasserfüllten Weltordnung
ihrer Familien aufnehmen. Doch als Mercutio durch einen Capulet im Kampf getötet
wird, rächt Romeo den Mord an seinem Freund und bringt den Mörder um. Romeo
wird daraufhin aus Verona verbannt. So bleibt den Liebenden eine einzige, viel
zu kurze Nacht ...
Am Grab ihrer Kinder reichen sich zwei verfeindete
Familien die Hand zur Versöhnung. Mit dieser Utopie beendet Shakespeare die
berühmteste Liebestragödie aller Zeiten. Wie wahrscheinlich ist dieses Szenario
in einer Welt, in der jahrelange Bürgerkriege toben, Menschen aufgrund ihrer
Herkunft verfolgt und getötet werden und Hass stets neuen Hass gebiert?
Liebe war vielleicht niemals gleichzeitig so blind und so
visionär wie im Fall von Romeo und Julia. Einerseits ist diese Liebe nicht in
der Lage, ihren tragischen Ausgang vorauszusehen, den Tod zweier junger
Menschen. Andererseits deckt sie auf, dass der tief empfundene Hass, den (fast)
alle empfinden, nicht hinterfragt wird und niemand seine Wurzeln kennt. Ob es
nicht doch ein Prinzip Romeo und Julia gibt, dass die Welt befrieden könnte?
Die Welt, in der wir heute leben, in der weiterhin Tropfen geschmolzenen Hasses
die Seelen vergiften und immer neues Unheil stiften? Shakespeare beschreibt uns
schrankenlose Hingabe und grenzenlosen Hass als unvermeidliche Konsequenz
menschlichen Zusammenlebens. Und macht es uns so zur Aufgabe, einen Ausweg aus
der negativen Spirale zu suchen.
Eine Koproduktion des Theaters der Stadt Aalen, der Musikschule Aalen und dem House of Dance Keraamika
Gefördert von der Baden-Württemberg Stiftung
William Shakespeare (1564–1616), englischer Dramatiker
und Lyriker, gilt als einer der bedeutendsten Schriftsteller der Weltliteratur.
Der große Dichter war äußerst produktiv und hinterließ ein faszinierendes
literarisches Erbe: Seine 37 Dramen (nach einer anderen Zählung 38), die 154
Sonette und epischen Versdichtungen machten ihn unsterblich. Romeo und Julia
entstand ca. 1597 und trug erheblich zur Bekanntheit des Autors und zur
Beförderung seiner Truppe als königliche Hofschauspieler (Kings Men) bei.
Shakespeare selbst hat seine Dramen nicht schriftlich
aufgezeichnet, denn: Das Repertoire war das Kapital einer Schauspieltruppe, und
eine Druckausgabe hätte es auch anderen Ensembles ermöglicht, das Stück
aufzuführen. Dennoch erschienen etwa die Hälfte von Shakespeares Dramen zu
seinen Lebzeiten als sogenannte Quarto-Ausgabe, bezeichnet nach dem
Papierformat. Die Texte basierten auf mündlichen Überlieferungen und waren
quasi Raubdrucke. Erst 1623, sieben Jahre nach Shakespeares Tod, erschien die
erste Gesamtausgabe seiner Dramen.
In der eigens für das Theater der Stadt Aalen gefertigten
Übersetzung ist es uns wichtig, die lyrische Kraft der Sprache zu erhalten, ohne
der politischen Aussage den Schneid zu nehmen oder Shakespeare Lust an der
Komik zu unterschlagen.