Boulevard Ulmer Straße

Gerücheküche und Busgeschichten

Gerücheküche und Busgeschichten

Presse

Schwäbische Post vom 13. Oktober 2016 von Cordula Weinke

Kunstreiche Busfahrt zum Kulturprojekt „Gerüchteküche“
„Busgeschichten“ und eine Suppenküche begleiten das Projekt „Boulevard Ulmer Straße“ zum 25. Geburtstag des Theaters der Stadt Aalen.

An einem knallig grünen Tisch zwischen der Bahnlinie und der Ulmer Straße sitzen Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen und trinken Tee. Auf einem Blitzer an der Straße ist ein Foto der Bundeskanzlerin platziert. Zwei Szenen, die in dem neuen Aalener Kunstprojekt „Busgeschichten“ zu sehen sind.

Fünf Künstlerinnen und Künstler aus der Region haben diese „Busgeschichten“ entwickelt: Bilderstrecken, die an der Durchgangsstraße von Aalen nach Unterkochen entstanden sind, der Ulmer Straße. Und die ab sofort, bis Juni 2017, auf den digitalen Anzeigetafeln der OVA-Stadtbus-Linien 61 und 62 zu sehen sind – auf der Fahrt vom Busbahnhof Aalen, dem ZOB, nach Unterkochen und zurück, entlang der Ulmer Straße.

Eigentlich sei die Ulmer Straße viel mehr als nur eine Durchgangsstraße, haben die Macher des Theaters der Stadt Aalen festgestellt. Deshalb haben sie zum 25. Geburtstag ihres Theaters das Spielzeitprojekt „Boulevard Ulmer Straße“ entwickelt. Das soll in begleitenden Projekten und Veranstaltungen aufzeigen, wie vielfältig Menschen in der Ulmer Straße leben, lernen und arbeiten. „Busgeschichten“ ist eines dieser Begleitprojekte.

Die Jungfernfahrt der „Busgeschichten“ startet am Aalener ZOB mit der OVA-Stadtbus-Linie 62. Als der Bus die Hochbrücke passiert und somit die Ulmer Straße erreicht, läuft auf der digitalen Anzeigetafel im Bus eine der „Busgeschichten“ an. In vier Minuten führt die Busfahrt vorbei an der katholischen Kirche zur Moschee, von einer ehemaligen Fabrikanten-Villa zur Flüchtlingsunterkunft, von der Gesenkschmiede Schneider und der Firma Erlau zum Ausbildungszentrum DAA im Wi.Z. Währenddessen ist die Bilderstrecke von Ines Tartler zu sehen. Aus dem öffentlichen Register der Stadt Aalen präsentiert die Künstlerin viele Namen von Menschen, die in der Ulmer Straße leben.

Welche der fünf „Busgeschichten“ während einer Busfahrt zu sehen sind, sei ein Zufallsmoment, erzählt Tina Brüggemann, Chefdramaturgin am Theater der Stadt Aalen. Zur Premiere sind alle fünf Beiträge im Wi.Z in Räumen der DAA zu sehen.

Surreale Situationen wie das besagte Bild der Bundeskanzlerin auf einem Blitzer an der Ulmer Straße hat Silke Schwab zusammengestellt und mit eigenen Ideen bereichert. „Licht in der Straße“ nennt Andreas Böhm seinen Beitrag – Zeichnungen, die während nächtlichen Autofahrten vorbei an Straßenlampen und Ampelanlagen entstanden.

Auf die Bilderstrecke von Ines Tartler folgt der Beitrag von Martina Ebel. „Ein Stop-Motion“, erklärt die Künstlerin selber. Dafür hat sie einzelne Bilder von Menschen an Bushaltestellen in der Ulmer Straße aufgenommen, anschließend wie in einem Film aneinandergereiht und mit Texten versehen. Die erklären, warum die einzelnen Menschen in der Ulmer Straße unterwegs sind.

Künstler Andreas Welzenbach schließlich präsentiert die Strichzeichnung von einem Bus. In Collagentechnik zeigt er, was sich im Inneren des Fahrzeugs abspielt. Auch um Unterschiede zwischen Armen und Reichen, die in der Ulmer Straße leben, geht es dabei.

Mittwochs „Suppe für alle“

Für alle Anwohner und Passanten am „Boulevard Ulmer Straße“ gibt es ab sofort ein weiteres Projekt, die „Gerüchteküche“. Bis Juni 2017 servieren verschiedene Aalener Institutionen an unterschiedlichen Stationen an der Straße jeden Mittwoch zwischen 12 und 14 Uhr Suppe. Jeweils einen Monat lang. Jeder soll dafür zahlen, was er kann oder will. Ohne ein Muss. Die Kürbissuppe zum Auftakt stammt von der DAA. Dazu gibt’s Musik und Gelegenheit zu Gesprächen – nicht nur aus der Gerüchteküche.


Aalener Nachrichten vom 13. Oktober 2016 von Ansgar König

Theater nimmt die Linie 62 zur Fahrt in die „Gerücheküche“
Soziokulturelles Projekt „Boulevard Ulmer Straße“ des Aalener Stadttheaters eröffnet „BUSgeschichten“ und „Gerücheküche“

Eine Fahrt mit dem Bus in den Aalener Süden, danach ein lecker Süppchen: Das Theater der Stadt Aalen, namentlich das Projekt „Boulevard Ulmer Straße“, konnten Interessierte am Mittwochmittag mal von einer ganz anderen Seite erleben. Kurz nacheinander wurden zwei weitere Teile des soziokulturellen Projekts vorgestellt: „BUSgeschichten“ des Aalener Künstlerkollektivs und die „Gerücheküche“.

Beide Teile haben ihren Reiz, das eine mehr fürs Auge, das andere mehr für den Magen. Die „BUSgeschichten“ begleiten die Fahrgäste der OVA-Buslinien 61 und 62. Martina Ebel, Silke Schwab, Ines Tartler, Andreas Böhm und Andreas Welzenbach, seit fünf Jahren als Künstlerkollektiv im öffentlichen Raum unterwegs, haben für die Bildschirme kurze Sequenzen von wenigen Minuten gestaltet, die während der Fahrt – von der Hochbrücke bis zur Erlau – den Insassen die Ulmer Straße künstlerisch näher bringen sollen.

Silke Schwab zum Beispiel hat surreale Szenen zusammengeschnittten, Andreas Böhm eine Fahrt vom Tag in die Nacht, eine „Lichertfahrt mit Lampentanz“, Ines Tartler hat aus dem öffentlichen Register Namen all derer zusammengefasst, die an der Ulmer Straße leben und arbeiten. „Über die BUSgeschichten“ wollen wir nachhaltig die Stadt mitgestalten“, erläutert Tina Brüggemann von der Theaterleitung während der Busfahrt durch Aalen. Martina Ebel vom Künstlerkollektiv ergänzt: „Die Geschichten sind übers ganze Jahr hinweg zu sehen, jeden Tag läuft die Arbeit eines anderen Künstlers, am Wochenende bunt durcheinander.“

Einen Monat lang gibt’s Suppe

Bunt durcheinander ging’s anschließend auch auf dem Wi.Z-Geländer am Ende der Ulmer Straße. Rund um den pinken Bauwagen hatte sich ein buntes Völkchen zusammengefunden, um die „Gerücheküche“ gebührend einzuweihen. Verschiedene Aalener Institutionen kochen jeweils einen Monat lang bis Ende Juni jeden Mittwoch eine Suppe. Stets an einer anderen Stelle, immer von 12 bis 14 Uhr. Den Auftakt machte am Mittwoch die DAA (Deutsche Angestellten-Akademie). Markus Thum, Leiter des Kundenzentrums der DAA, und Koch Claus Küpper hatten sich mächtig ins Zeug gelegt, um die Gäste mit einer Kürbissuppe zu verwöhnen. Federführend betreut wird die „Gerücheküche“ von Theaterpädagogin Anne Klöcker: „Lange stand der Bauwagen in einem Wald herum und sah schrecklich aus, mit Hilfe vieler Beteiligter haben wir ihn aber so weit hingekriegt, dass er jetzt der ,Gerücheküche’ dienen kann.“ Folgende Standorte sind geplant, Oktober: DAA (auf dem Theaterparkplatz oder im „Freudenschmaus“); November: Tonfabrik; Dezember: Villa Stützel (nur die ersten drei Mittwoche); Januar: katholische Kirche Sankt Maria; Februar: Berufliches Fortbildungszentrum BFZ (vor dem Gartengrundstück BFZ); März: Ditib Moschee; April: Kulturküche (Sankt Maria); Mai: Projekt BIWAQ (Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier )/GSA; Juni: Proviant-amt/Seydelmann/Haus der Jugend in Zusammenarbeit mit der Flüchtlingsunterkunft.


Aalener Nachrichten vom 05. Januar 2017 von Jasmin Amend

Suppe in Sankt Maria kommt an

Das Suppenangebot im Gemeindehaus der Kirchengemeinde Sankt Maria ist am Mittwoch gut angenommen worden. Unter dem Titel „Gerücheküche – Jeden Mittwoch Suppe“ kochten die Mitarbeiterinnen der organisierten Nachbarschaftshilfe etwa 100 Portionen Kartoffelsuppe aus regionalen Zutaten, wahlweise mit Wurst- oder Gemüseeinlage. Im Anschluss gab es Kaffee und Kuchen. „Zwischen 12 und 13 Uhr war hier die Hölle los“, freute sich Birgit Simon, Einsatzleiterin der organisierten Nachbarschaftshilfe Aalen Sankt Maria. „Wir mussten sogar noch weitere Tische aufbauen und eindecken.“ Das Mittagessen im beheizten Foyer des Gemeindehauses gab es gegen eine Spende. Die Sternsinger von Sankt Maria traten auf, Valentin Simon spielte Stücke am Klavier. Auch der Frauenbund und die Gemeindecaritas gehörten zu den Organisatoren. Weil es bis zum Nachmittag schneite, hatte der pinkfarbene Küchenwagen der Gerücheküche geschlossen, die Ausgabe fand im Inneren statt.

Die Aktion war Teil des Projekts „Boulevard Ulmer Straße“. Im Februar kommt die Gerücheküche ins bfz.


Schwäbische Post vom 05. Januar 2017 von Erwin Hafner

Schmackhafte Gerücheküche brodelt in Sant Maria

Die Marienkirche gilt gewissermaßen als das westliche Tor zum Boulevard Ulmer Straße, dem Jubiläumsprojekt des Theaters der Stadt Aalen, das in diesem Straßenzug seit der spektakulären Eröffnung viele Akzente gesetzt hat. Eingebunden ist St. Maria seit Mittwoch auch in die ungewöhnliche Aktion „Gerücheküche“.

Jeden Mittwoch kochen einen Monat lang verschiedene Institutionen eine Suppe. „Wenn jeder gibt, was er hat, dann werden alle satt. Guten Appetit“ steht auf dem pinkfarbenen Küchenwagen vor St. Maria. Weil’s gestern aber schneite, wurden Tische und Bänke im Gemeindehaus zur gastlichen Bewirtung aufgestellt. Dafür sorgten zum Auftakt die Damen der organisierten Nachbarschaftshilfe St. Maria unter der Leitung von Birgit Simon. Sie kochten in der Gemeindehausküche und servierten dann die leckere Kartoffelsuppe mit Grünbeilagen und Würstchen im darunter liegenden Foyer. Dabei kamen auch anregende Gespräche an den Tischen nicht zu kurz – ganz im Sinne der Theaterleute, die sich als Kulturschaffende immer wieder etwas Neues einfallen lassen.

Exakt zum mittäglichen Angelusläuten konnte sich Gemeindediakon Michael Junge über den, trotz schlechten Wetters, guten Zulauf freuen. Allen Gästen samt Dekan Dr. Pius Angstenberger als Hausherrn entbot er einen herzlichen Gruß und lud alle zu einem kurzen Segensgebet ein.

Das unterstrichen danach auch die Sternsinger von St. Maria, die, wie die vielen andern Dreikönigskollegen, eine Spende für Kinder im Norden von Kenia erbaten. Den Dienst für die „Gerücheküche“ teilen sich an den nächsten drei Mittwoch Helferinnen des katholischen Frauenbundes und der Gemeinde-Caritas – jeweils von 10 bis 12 Uhr. Für diese Essen haben sich dem Vernehmen nach auch eine Reihe Prominenter angemeldet.


Aalener Nachrichten vom 23. März 2017 von Ansgar König

Den Dialog am Laufen halten
Seit zehn Jahren gibt es in Aalen den christlich-islamischen Diaslogkreis

Trump, Erdogan, Le Pen, Wilders: Das Verhältnis zwischen Christen und Muslimen ist vordergründig angespannt wie selten zuvor. Der christlich-islamische Dialogkreis, der sich seit zehn Jahren um ein gutes Verhältnis zwischen den Religionen bemüht, bleibt aber seiner Linie treu: Den Dialog am Laufen halten. „Wir pflegen ein gutes Miteinander – auch das ist eine politische Aussage“, sagt Manfred Metzger, evangelischer Pfarrer in Unterkochen. „Ich sehe unser Verhältnis nicht angespannt. Gute Nachbarschaft darf unter so etwas nicht leiden“, fügt Muammer Ermis, Sprecher der Türkisch-Islamischen Gemeinde zu Aalen, an.

Mittwoch, 12 Uhr, Ditib-Moschee in der Ulmer Straße. Auf den Tischen duftet eine leckere türkische Bauernsuppe. Am Tisch sitzen neben Metzger und Ermis Diakon Michael Junge von der katholischen Kirche und Tina Brüggemann vom Aalener Stadttheater. Die „Gerücheküche“ im Rahmen des soziokulturellen Projekts „Boulevard Ulmer Straße“ macht Station an der Moschee. Und wohl selten passte der Name „Gerücheküche“ so gut.

Und wohl selten war der gemeinsame Verzehr einer Suppe so symbolträchtig. Dass das deutsch-türkische Verhältnis auf politischer Ebene derzeit nicht das beste ist, davon ist hier nichts zu spüren. „Auch in einer angespannten Situation darf die gute Nachbarschaft nicht leiden“, sagt Muammer Ermis.

Und das sie nicht leidet, das zeigt der Andrang. Gut 100 Suppenfreunde drängeln sich um den pink bemalten Bauwagen, in dem Küchenchefin Cigdem Celik, Schriftführerin im weltlichen und ehrenamtlichen Vorstand der Moschee, die Suppe kocht. Hinterher reicht sie Baklava, türkischen Honig und Tee. Auch das hat seinen hintergründigen Sinn: „Süß essen – süß sprechen“, zitiert Ermis ein türkisches Sprichwort.

„Es gab eine Zeit, da hat die Politik in unserem Dialogkreis keine so große Rolle gespielt“, gesteht Manfred Metzger, „deshalb ist es gut, dass man in solchen Zeiten zusammensitzt, gemeinsam Suppe isst und den Ball flach hält.“ So sehen es auch die anderen. „Es ist gut, auf der Ebene einer Tischgemeinschaft zu kommunizieren“, fügt Diakon Michael Junge an. Und Tina Brüggemann meint mit Blick auf die szenisch-musikalische Lesung „Nathan Next Door“: „Der Dialog ist der Motor des Projekts ,Boulevard Ulmer Straße’. Wir wollen diesen Dialog am Laufen halten.“

Lessings „Nathan der Weise“, aktuelles Stück am Aalener Stadttheater, liefert Steilvorlagen genug, denn für Metzger ist das Stück ein „Glaubensbekenntnis für Toleranz, das wir in schwierigen Zeiten abgeben“. Da will man sich auch nicht auseinandertreiben lassen.

Gerne blickt Brüggemann auf die Lesung in der Moschee zurück. „Die Erfahrung war sehr, sehr positiv. Wir sind nach der Lesung mit vielen unterschiedlichen Menschen lange zusammengesessen, darunter auch viele Jugendlichen. Wir haben eine gemeinsame Erfahrung gemacht.“ Es gebe einen Wunsch in den Herzen der Menschen nach einem friedlichen Miteinander. „Auch wenn wir alle den Weg noch nicht so genau kennen“, gesteht sie.

In Metzgers Friedenskirche in Unterkochen wird die Lesung im Mai – nach Aufführungen in der Bopfinger Synagoge und in der Aalener Moschee – erneut zu erleben sein. Lessings Text sei schwierig, stellenweise sprachlich eine Zumutung, lacht Metzger, „aber wer etwas lernen will, der muss sich auch etwas zumuten“, fügt Metzger an.

Wie aus Herr Metzger Manfred wurde

Der christlich-islamische Dialogkreis lebt vieles vor. Beim Rückblick auf die vergangenen zehn Jahre sind vor allem die gemeinsamen Reisen in Erinnerung geblieben. Zum Beispiel nach Istanbul 2008. „Damals“, so beschreibt Muammer Ermis das gute Verhältnis, „ist aus Herr Metzger Manfred geworden.“

Am Mittwoch, 29. März, wird die „Gerücheküche“ um 12.30 Uhr mit einer kostenlosen Führung durch die Ditib-Moschee ergänzt. Am Freitag, 26. Mai, um 19.30 Uhr ist in der Evangelischen Friedenskirche in der Keplerstraße 4 in Unterkochen noch einmal die szenisch-musikalische Lesung „Nathan next door“ im Rahmen des Projekts „Boulevard Ulmer Straße“ des Theaters der Stadt Aalen zu sehen (Eintritt frei).