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Monolog mit meinem "asozialen" Großvater

Ein Häftling in Buchenwald | Gastspiel

Arme, Obdachlose, Suchtkranke – in der NS-Diktatur wurden Menschen wie sie als „Asoziale“ verfolgt und ermordet. Bis heute erfahren sie weder angemessenes Gedenken noch Gerechtigkeit. Dieses Theaterstück will das ändern.

Das Theaterstück handelt von der vergessenen Opfergruppe der sogenannten „Asozialen“ während der NS-Zeit. Als „asozial“ galten den Nationalsozialisten diejenigen, die durch ihre Lebensführung vermeintlich dem „Volkskörper“ schadeten. Gemeint waren damit meist: Menschen aus der „Unterschicht“. Arme, Obdachlose, Suchtkranke, Prostituierte, Arbeitslose- wer nicht ins System passte, wurde aussortiert.

Weil diese Bevölkerungsgruppen auch im Nachkriegsdeutschland an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden und werden, ist die Schuld an ihnen bis heute praktisch nicht aufgearbeitet. Erst 2020 wurden auch die „Asozialen“ vom Bundestag offiziell als Opfer der NS-Diktatur anerkannt. Persönliche Zeugnisse gibt es von ihnen kaum und das Erinnern an sie kann herausfordernd sein: dem saufenden Großonkel gedenken, der mitunter gewalttätig wurde? Der obdachlosen Großmutter, die sich prostituierte? Nur zögerlich beginnt unsere Gesellschaft, sich mit den unbequemen Opfern auseinanderzusetzen.

Auch der Theatermacher und Pädagoge Harald Hahn wusste lange wenig über die Geschichte seiner Familie: Der Großvater war als „Asozialer“ im KZ. In Form eines Erzähltheaters will er sich nun diesem Familiengeheimnis annähern – und dabei aufzeigen, was Schuld, Scham und Schweigen über Generationen in Familien anrichten, wie Klasse und Herkunft unsere Gesellschaft heute noch strukturieren und was das mit dem Wert eines Lebens macht. Im Anschluss an das Stück findet ein Publikumsgespräch statt.

In einem sehr persönlichen Erzähltheater spricht der Autor in einfühlsamen Monologen mit seinem verstorbenen Großvater Anton Knödler, der als Häftling in Buchenwald inhaftiert war. Er spricht über das Familiengeheimnis, die Scham und die Zeit in Buchenwald. Ausgehend von den Monologen schlüpft Harald Hahn in die Rolle eines SS Mannes und verwandelt sich zurück in das Kind, das er einst war. Ein schwäbischer Hausmeister kommentiert das Geschehen und schafft so die Verbindung zwischen Geschichte, Schauspieler und vermeintlich unbeteiligten Zuschauer*innen. Denn die aufgeworfenen Fragen verweigern sich dem rein passiven Konsum – sie wollen und sollen alle Anwesenden mit einbeziehen.