Geschichten aus dem Niemandsland

Konzertlesung mit Sergio Vesely & Urs M. Fiechtner

Der Begriff Konzertlesung wurde 1977 von Urs M. Fiechtner und Sergio Vesely geprägt. Damals ein Kunstwort, das zu den seltsamsten Missverständnissen führte - so rückte Radio Bremen einmal mit der Übertragungstechnik für ein komplettes Symphonieorchester an - wird der Begriff heute von fast allen Autoren und Musikern verwendet, die eine enge Verbindung zwischen Literatur und Musik anstreben.

In der Version von Fiechtner & Vesely sind Konzertlesungen weder traditionelle Dichterlesungen mit Musik noch einfache Collagen aus Texten und Liedern. Angelegt als Zyklen, die thematisch einem Roten Faden folgen, erzählen sie durchgehende Geschichten, die aus einer symbiotischen Verbindung zwischen Lyrik und Liedern, Prosa und Musik entstehen.

Die von Fiechtner gelesenen Texte werden von Vesely mit der Gitarre eher kommentiert als begleitet und gehen in vertonte Gedichte über, die Vesely mal in deutscher, mal in spanischer Sprache singt. Die Verwendung zweier Sprachen ist die äußere Erscheinung einer tiefer gehenden Verbindung zweier Kulturkreise, deren Ausdrucksformen hier ebenso zusammen fließen wie Literatur und Musik.

Bei alledem leben Konzertlesungen von der freien Improvisation. Fiechtner und Vesely suchen den lebendigen, immer wieder neuen Dialog zwischen Literatur und Musik auf der Bühne. Feststehende, bis ins Detail wiederholbare Programme lehnen sie ebenso ab wie Proben oder Einstudierungen. Die Wahl des Themas oder Buches, das die Konzertlesung bestimmen soll, überlassen sie dem Veranstalter und stellen meist erst kurz vor dem Auftritt die Texte und Lieder des Abends zusammen. Auf diese Art gelingt es ihnen, dem Sog der Routine zu entgehen und jede einzelne Konzertlesung eine neue, eigene Geschichte erzählen zu lassen.