Theater trifft ... jugendliche digital natives & nerds am 5.11.2017

Theater trifft ... jugendliche digital natives & nerds am 5.11.2017

„Digitale Medien sind wie Alkohol…“

Dunya Wasella im Gespräch beim „Theater trifft…jugendliche digital natives & nerds

Das Leben Jugendlicher in sozialen Netzwerken: es ist kompliziert. Zwischen Freundschaftsanfragen und Beziehungsstatus tauchen manchmal die Manipulation und das Spiel mit verschiedenen Identitäten auf. Jugendliche ohne Account in einschlägigen sozialen Netzwerken oder bei WhatsApp -sind sie die Seltenheit geworden? Ist heutzutage nicht eigentlich jeder „online“? Umso wichtiger, Jugendliche und auch Erwachsene darauf zu sensibilisieren, welche Gefahren neben den Vorteilen, die die Digitalisierung mit sich bringt, im World Wide Web lauern können. Auch das Theater der Stadt Aalen nahm sich der Thematik an und brachte mit „Cyber Cyrano“ von István Tasnádi ein Jugendstück auf die Bühne, dass nicht nur die allseits bekannten Liebesprobleme Jugendlicher beleuchtet (Er liebt mich, er liebt mich nicht, mag er mich, findet er meine Freundin besser,…?), sondern spielerisch mit Täuschungsversuchen, Parallelwelten und der Verführungskraft digitaler Medien umgeht. Am 5. November wurde das Publikum im Rahmen des „Theater trifft…jugendliche digital natives & nerds“ am 5. November dazu eingeladen, es sich im Anschluss an die Vorstellung im Theatercafé des Alten Rathauses gemütlich zu machen und gemeinsam mit der achtzehnjährigen Dunya Wasella, Jonathan Giele, dem Regisseur des Stücks, und Tina Brüggemann über das Stück zu diskutieren. Dunya Wasella ist selten offline – sie ist ein echter digital native. Aber wenn es jetzt schon „digitale Ureinwohner“ gibt, wie sieht es dann aus mit dem Gegenteil, fragt Tina Brüggemann und man definierte die nerds als solche, die sich mit dieser Kommunikationsform schwer tun, oder sie gleich gar nicht kennen – in diesem Punkt wurde man sich schnell einig. In Cyber Cyrano benutzt ein Mädchen das soziale Netzwerk, um zwei ihrer Mitschüler zu beeinflussen und zu lenken, erschafft dabei eine Person im Netz, die es in Wahrheit gar nicht gibt. Auch sie habe das schon gemacht, gesteht Dunya, auch sie habe schon eine neue Person im Internet erschaffen, mit dem Ziel, dadurch herauszufinden, was andere über sie denken. Das sei keine Seltenheit, gerade bei sozialen Netzwerken wie facebook sei diese Verführung groß, weil es anonym sei. Um ein neues „Konto“, bzw. eine neue Person zu „erschaffen“, benötige man nur eine E-Mail Adresse, mehr nicht. Neu sei diese Methode nicht, so ein Gast aus dem Publikum. Früher sei es keine Seltenheit gewesen, Fake-Brieffreundschaften zu führen oder aus Jux und Tollerei auf Partnerschaftsannoncen zu antworten, nur um herauszufinden, wer derjenige war, der diese Anzeige erstellt hat. Es ist auch die Freude am Schauspielern, die Freude, eine Rolle zu spielen, und die Neugierde, herauszufinden, was hinter der Person steht. „Digitale Medien sind wie Alkohol. Sie nehmen den Menschen die Hemmschwelle“, so Dunya Wasella. Doch selbstverständlich hat alles zwei Seiten. Man dürfe die digitale Welt nicht nur verteufeln, da sie auch sehr viele Vorteile mit sich bringe. Dunya Wasella, die mit 15 Jahren 1 Jahr in Indien lebte, hätte ohne die digitalen Kommunikationsformen niemals so viel mit ihrer Familie und ihren inzwischen international verstreuten Freunden kommunizieren können, wie es dank WhatsApp, Skype, Facebook etc. möglich war. Auch bricht dadurch der Kontakt zu ihren Freund*innen, die sie dort kennen gelernt hat, nicht ab. Es ist nahezu kostenlos, mit Menschen aus einem anderen Kontinent zu chatten oder zu telefonieren (sogar mit Video). Selbst in der Schule sind Formen wie WhatsApp nicht mehr wegzudenken, schicken doch sogar die Lehrer die Hausaufgaben teilweise darüber oder geben andere wichtige Details über bevorstehende Prüfungen darüber durch. Doch was ist mit denjenigen, die kein Whatsapp haben? Haben sie dann einfach Pech gehabt? „Man verpasst tatsächlich was, wenn man es nicht hat“, so Dunya, bekommt Einladungen zu Party unter Umständen nicht mit oder verpasst sonstige Neuigkeiten. Doch die Gefahr ist groß, zum social junkie zu werden, Panik zu bekommen, nicht erreichbar zu sein und dabei das wirkliche Leben zu verpassen.

Womit sie unversehens an das Motto der Spielzeit anknüpft: Ein Smartphone zu besitzen ist keine Garantie dafür, sich lebendig zu fühlen, das „Sein“ genießen zu können.

Jonathan Giele rief allen Anwesenden ein Bild vor Augen, wie es so oft zu sehen ist und sicherlich sehr viele kennen: Mehrere Leute sitzen in einem Restaurant an einem Tisch, gesprochen wird nicht sehr viel, dafür starrt jeder aus der Runde auf sein Smartphone. Es ist wichtig, über die Entwicklungen in der digitalen Welt zu reden, immer und immer wieder. Dabei dürfen selbstverständlich die positiven Auswirkungen nicht außer Acht gelassen werden und als digital nerd sollte man sich trotzdem damit befassen. Vielleicht findet das nächste „Theater trifft…“ nicht „offline“, sondern „online“ statt, als Whatsapp-Gruppe an der jeder, der will, teilnehmen kann…? User oder nicht User das ist hier die Frage. Oder doch nicht?